Tod in Raten – Teil 2<br />
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Conan und Ran waren ein wenig außer Atem, als sie wieder vor dem Hotel standen. „Ich gehe mich noch duschen vor dem Abendessen“, sagte Ran und wischte sich den Schweiß ab. „Dir würde ein heißes Bad auch nicht schaden, Conan. Soviel ich weiß haben sie ein Gemeinschaftsbad für Männer in der unteren Etage.“<br />
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Das war ein Wink mit dem Zaunpfahl. „Klar, mach ich gern, Ran. Vielleicht treffe ich dort Onkel Kogoros Klienten.“<br />
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Privatdetektiv Mori schlief immer noch den Schlaf der Gerechten als Ran kurz drauf in sein Zimmer blinzelte. „Hoffentlich kriegt ihn der Wecker überhaupt wach“, murmelte sie und ging in ihr Zimmer, wo Conan sich die Sachen fürs Bad zusammensuchte. „Da das heute das erste Abendessen ist, wollen wir einen guten Eindruck machen, Conan. Nimm also die neue Hose und das Hemd, das ich dir gestern gebügelt habe.“<br />
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„Ist gut.“ Conan hätte lieber ein T-shirt getragen, aber da er die Fliege immer griffbereit haben wollte, blieben nur Hemden übrig. Mit seinen Sachen beladen fragte Conan die Kellnerin nach dem Männerbad. „Einfach die letzte Türe links“, sagte sie und hetzte wieder in den Speisesaal. Offenbar gab es noch Probleme mit der Sitzordnung. <br />
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Im Vorraum des Bades standen bereits zwei volle Körbe. Neugierig, wer da wohl außer ihm noch in heißen Wasser dämpfen würde, zog sich Conan rasch aus und trat ein. <br />
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„Du wirst dich doch nicht von Koiji fertig machen lassen, oder?“ Das war ganz klar die Stimme des Mannes, der Yuko hieß. Der andere, beide drehten Conan den Rücken zu, seufzte und rückte das zusammengelegte Handtuch auf seinem Kopf zurecht.<br />
„Du hast leicht reden, Yuko. Deine Praxis läuft prima, aber ich habe kaum noch Patienten. Wenn es so weiter geht, werde ich bald dicht machen müssen.“<br />
„Kopf hoch, Akiro. Die Stadt ist doch wahrlich groß genug, um zwei Heilpraktiker zu ernähren.“<br />
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*Ah, das ist also dieser Akiro, von dem die Frau am See gesprochen hat*, dachte sich Conan und begann, sich leise einzuseifen. Er wollte das interessante Gespräch nicht unterbrechen.<br />
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„Nicht wenn Koiji weiterhin allen seinen Patienten im Krankenhaus weismacht, dass ich ein unfähiger Kurpfuscher bin. Warum hast du unsere gemeinsame Praxis verlassen, Yuko? Es lief damals einfach blendend.“<br />
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„Tja, die gute, alte Zeit.“ Yuko lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Ich schätze, ich wollte einfach meine Selbständigkeit zurück, ganz unabhängig sein und so weiter... Wenn du ehrlich bist, Akiro, wir hatten uns ganz schön in den Haaren damals.“<br />
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„War das nicht auch wegen Koiji? Ich meine, er hat dir doch Geld geboten, wenn du dich in er Nähe seines Krankenhauses selbständig machst.“<br />
„Stimmt, aber das hat sich dann als leere Luft erwiesen. Ich bin lange Zeit finanziell auf dem Zahnfleisch gegangen bis die Raten für die Praxisräume abgestottert hatte.“<br />
„Glaubst du, er hat das absichtlich gemacht? Dir das Geld nicht gegeben?“<br />
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„Gefragt habe ich ihn nicht, aber ich denke, er hat mit einer Erbschaft spekuliert, die dann in die Hose gegangen ist. Und dann die Sache mit Sanae...“<br />
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„Ist das nicht die junge Frau, die vor drei Jahren im See ertrunken ist?“, mischte sich Conan ein und ließ sich am flachen Ende des Beckens vorsichtig ins Wasser gleiten.<br />
„Nanu, wer bist du denn und woher weißt du davon?“ fragte Yuko erstaunt und verärgert gleichzeitig.<br />
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„Es ist nicht höflich, das Gespräch von Erwachsenen zu belauschen“, tadelte der magere Akiro mit scharfer Stimme.<br />
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„Aber ich habe gar nicht anders können. Sie beide haben mich ja weder reinkommen noch mich waschen hören“, sagte Conan betont unschuldig. „Mein Name ist Conan und ich bin heute erst angekommen. Am See habe ich einen Gedenkstein für diese Sanae gesehen. Der See sieht gar nicht so gefährlich aus, gibt es da drin Wirbel und giftige Moränen?“<br />
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„Aber, aber kleiner, da hast du in Biologie schlecht aufgepasst“, lachte Yuko. „Moränen leben im Meer. Wirbel gibt es gar keine in dem See, soviel ich weiß.“<br />
„Dann konnte Sanae wohl nicht schwimmen“, mutmaßte Conan. „Hat sie ihren Schwimmreifen im Hotel liegen gelassen?“<br />
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„Du bist eine Neugiernase, was?“ Akiro seufzte. „Aber vielleicht ist es ganz gut, dass du es erfährst, damit du vorsichtiger bist als die arme Sanae. Sie konnte übrigens ganz gut schwimmen, nur leider hatte sie ein schwaches Herz.“<br />
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„Es war wirklich ein unglücklicher Zufall, dass sie beim Wettrennen in den Riesenbärenklau gefallen ist. Als sie am Ziel dann überall rote Flecken und Pusteln an Armen und Beinen bekam, hat Koiji einen blöden Witz darüber gemacht, dass sie ihr Leben lang so aussehen würde, wenn sie es nicht gleich mit viel kalten Wasser abspülen würde.“<br />
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„Tja und die arme, ziemlich eitle Sanae war ja leider kein Genie in Botanik oder Medizin. Sie ist wie eine Irre an den See runter gehetzt und vom Steg aus ins Wasser gesprungen. Koiji ist ihr zwar noch hinterher, aber ihr erhitzter Körper, der Schreck, das kalte Wasser...“<br />
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„Am Tag zuvor hatte es abgekühlt und wie aus Kübeln geregnet“, warf Akiro ein. „Das Wasser im See hatte allerhöchstens 16 Grad an der Oberfläche. Weiter unten muss es noch kälter gewesen sein und als sie rein sprang hat ihr Herz das nicht verkraftet. Als wir unten am See ankamen, war sie schon untergegangen. Koiji ist ihr nachgesprungen und hat nach ihr getaucht, bis er selber blau vor Kälte war. Aber erst die Taucher der Polizei haben ihren Körper vom Grund geborgen.“ <br />
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„Wirklich tragisch“, bemerkte Conan.<br />
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„Und was lernst du daraus?“, fragte Yuko mit erhobenem Zeigefinger.<br />
„Mich nie in Riesenbärenklau setzen, niemals erhitzt in ein unbekanntes Gewässer springen. Richtig so?“<br />
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„Ganz genau. Sag, Akiro, ist es nicht langsam Zeit fürs Abendessen?“ <br />
„Du meine Güte, wir schwatzen und schwatzen und finden kein Ende. Was ist mit dir, Kleiner? Deine Eltern erwarten doch sicher auch, dass du pünktlich beim Essen bist, oder?“<br />
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„Ich bin mit Onkel Kogoro und seiner Tochter Ran hier“, erklärte Conan und stieg aus dem Becken.<br />
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Ein paar Minuten später hatte er seine gebrauchten Kleider in einem weißen Beutel mit der Aufschrift seiner Zimmernummer in den Wäscheschacht geworfen und stand frisch eingekleidet vor dem Zimmer des Detektivs. Ran hatte ihn doch noch eigenhändig aus dem Schlaf gerüttelt, damit er sich noch duschen und umziehen konnte, ehe es Zeit zum Abendessen war.<br />
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„Ich hätte noch so gut weiter schlafen können“, grummelte Mori während Ran ihm die Krawatte umband. „Wenn der Klient auch beim Essen auftaucht, musst du gut aussehen, Paps. Also reiß dich zusammen und trink nicht zuviel!“<br />
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„Immer diese Belehrungen, Ran. Du bist schlimmer als deine Mutter jemals war.“<br />
Ran stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihrem Vater einen Kuss auf die Wange. „Danke, Paps. Das ist ein tolles Kompliment. Ich werde mich in Zukunft noch mehr anstrengen.“<br />
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Conan unterdrücke ein Lachen, als er Kogoros verdutztes Gesicht sah. <br />
Unten im Speisesaal waren sie wieder mal die letzten. Die Gesellschaft am Nebentisch war bereits vollständig versammelt. Conan ließ seinen Blick flüchtig über die Gesichter streifen. Ja, er hatte jede dieser Personen bereits einmal gesehen.<br />
„Hallo Kleiner!“, winkte ihm Yuko. „Willst du nicht mit deinen Leuten zu uns an den Tisch setzen? Es ist so bestimmt viel lustiger, oder?“<br />
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Nun ja, lustig sah es an dem Tisch auch nicht gerade aus. An der Fensterseite saßen Yuko, Koiji und Sakura, ihnen gegenüber Akiro, Hamako und Aya, wobei diese ein verschlossenes Gesicht machte und sich sicher nicht zum ersten Mal ihr Glas auffüllte. <br />
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„Wenn es Ihnen keine Umstände macht“, sagte Herr Mori ungewohnt zurückhaltend. <br />
„Aber nicht doch“, winkte Koiji, „in diesem faden Ort ist jede Abwechslung willkommen. Ich bin Koiji Shihodai, Assistenzarzt am St. Anna Krankenhaus, das hier ist Sakura Hakobi, meine Verlobte und Tochter des Besitzers. Und zu meiner rechten...“<br />
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„Ich kann mich selbst vorstellen“, sagte Yuko entschieden. „Mein Name ist Yuko Eimin ich bin Heilpraktiker.“<br />
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„Akiro Omoni, ich bin ebenfalls Heilpraktiker wie Yuko.“<br />
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„Hamako Hasakeri, ich arbeite als Landarzt in einem Dorf ganz hier in der Nähe.“<br />
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„Aya Bumu. Ich arbeite als Ärztin im Kikoshi Krankenhaus.“<br />
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„Ist ja toll, lauter Ärzte“, freute sich Ran und verbeugte sich höflich. Conan tat es ihr gleich.<br />
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„Kogoro Mori“, stellte sich Rans Vater vor. „Meines Zeichens Privatdetektiv.“<br />
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„Ah, deshalb ist mir ihr Gesicht gleich so vertraut vorgekommen. Sie sind doch der berühmte Detektiv, der seine Fälle im Schlaf löst, nicht wahr?“, fragte Yuko. <br />
„Der bin ich, aber dieses Mal bin ich nicht zum Arbeiten hier, ich mache hier Urlaub mit meiner Familie. Das ist meine Tochter Ran und Conan Edogawa, der lästige Knirps für den wir verantwortlich sind.“<br />
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*Lästiger Knirps? Du würdest ganz dumm gucken, wenn du wüsstest, wer deine Fälle alle gelöst hat*, schnaubte Conan gedanklich. <br />
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„Ah, den jungen Mann haben Yuko und ich zuvor schon im Bad getroffen“, lachte Akiro. „Setz dich doch zu mir rüber.“<br />
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„Gern, wenn ich darf, Onkel Kogoro?“<br />
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„Geh nur.“ Kogoro hatte es sich schon