Fanfic: Animus viam monstrat 8

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„Kai, du musst uns helfen! Wenn nicht, wird die Welt in Dunkelheit gestürzt! Das Böse rückt immer näher! Nur mit deiner Hilfe können wir es aufhalten! Mit deiner Hilfe können wir das Böse zerstören! Kein anderes Kind muss mehr das Schicksal erleiden, dass du erleiden musstest!“ <br />
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Die Stimme ist so schön warm. Sie klingt in meinen Ohren. Mein Kopf scheint von ihr benebelt zu sein. Es ist, als würde alles, was sie sagt, wahr sein! So eine schöne Stimme kann nicht lügen! <br />
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Ich versuche vorsichtig zu sein. Hinter den meisten schönen Dingen verbirgt sich etwas schlimmes, dass sich nur schön verkleidet. Aber bei dieser Stimme schaffe ich es einfach nicht, misstrauisch zu sein. Damit ich sie wieder höre sage ich: „Was muss ich tun? Wie kann ich euch helfen? Warum gerade ich?“ Meine Stimme klingt rau und dunkel. Noch immer kann ich meine Augen nicht von diesem Licht abwenden. <br />
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„Du musst nur glauben! Und kämpfen! Lasse dich nicht von deinem Weg abbringen! Weder von denen, die du Freunde nennst, noch von irgendjemand anderen! Kai, wir verlassen uns auf dich! Ich werde wiederkommen und dir näheres erklären!“ <br />
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Und dann verschwindet das Licht und alles um mich herum ist wieder dunkel. Stockdunkel! Meine Augen sind noch so geblendet, dass ich nicht einmal mehr die Sterne oder den Mond sehen kann! Ich kann gar nichts sehen. <br />
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Aber das ist nicht das Schlimmste! Das Schlimmste ist die Leere, die in mir zurückbleibt. Und diese Kälte. Schon jetzt vermisse ich diese warme Stimme. Sie ist so schön, dass ich sie in meinem Gehirn nicht mehr nachspielen kann. Ich kenne noch die Worte, aber nicht mehr die Melodie der Stimme. Irgendetwas in mir sehnt sich danach sie wieder zu hören. <br />
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Ich lasse mich nun ganz ins Gras fallen. Noch immer ist alles schwarz. Um mich herum höre ich die Blätter im Wind rauschen und eine Grille zirpt noch. Ganz leise. Doch irgendwann verebbt ihr Spiel. <br />
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Ich fühle mich so hilflos. Warum kann ich immer noch nichts sehen? Wie viel Zeit ist nun schon vergangen? Mir kommt es vor, als hätte das Gespräch mit dem Licht Stunden gedauert. Oder waren es doch nur Minuten? Ich weiß es nicht. <br />
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Wie lange werde ich hier liegen müssen? Hoffentlich erholen sich meine Augen bald! Ich will mir vor den anderen keine Blöße geben!<br />
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(Jennys Sicht) <br />
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Ich liege auf dem Lager und denke nach. Ich hätte nicht gedacht, dass Kai so nett sein kann! Und doch ist er immer noch abweisend! Aber ich werde seine harte Schale schon noch knacken! Ich bin mir sicher, dass dahinter ein total netter Junge steckt! <br />
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Plötzlich bemerke ich eine Bewegung uns sehe, wie Kai aufsteht und weggeht. <br />
„Wohin gehst du?“, frage ich. Ich könnte mich ohrfeigen. Was wenn er sich nur mal eben erleichtern wollte? Es geht mich doch nichts an! <br />
Kai nuschelt irgendwas von „Wache halten“ und verschwindet dann in der Dunkelheit. Ich starre ihm hinterher. Wache halten? <br />
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Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, dass in dieser Welt auch etwas Gefährliches sein könnte! Aber warum nicht? Kais Misstrauen ist begründet! Kein Wunder, dass er und Tala so müde aussehen! Wahrscheinlich hält jeder von ihnen die halbe Nacht lang Wache! <br />
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Dabei könnten wir genauso gut Wache halten! Trauen sie es uns nicht zu? Dann haben sie bei mir Recht! Ich würde wahrscheinlich während meiner Wache einschlafen! Sie machen so viel für uns, und wir? Wir lassen uns von ihnen bedienen. Die größte Verantwortung hat Kai. Ich verstehe nicht, warum er sie freiwillig auf sich nimmt! Ich würde es nicht schaffen, für drei Leute die Verantwortung zu übernehmen! Ich würde es ehrlich gesagt auch gar nicht wollen! <br />
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Irgendwie komme ich mir nutzlos vor. Ich mache den anderen nur Arbeit. Ich will auch meinen Teil zum „Überleben“ beitragen! Mir kommt plötzlich eine Idee und setzt sich in meinem Kopf fest. Und ich werde sie nicht mehr los! Denn mein verdammter Ehrgeiz hat mich gepackt! Ich werde morgen früh irgendetwas jagen! Genau! Mit diesen Gedanken schlafe ich ein. <br />
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Als ich aufwache dämmert es noch. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal so früh aufstehe! Und das freiwillig und ohne Wecker! Ich schaue kurz zu den anderen. Sie schlafen noch alle. Nur Talas Platz ist leer. Wahrscheinlich wacht er noch. <br />
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Plötzlich fällt mir etwas ein. Etwas, was ich gestern total vergessen habe: Wie will ich etwas fangen, wenn ich nicht einmal ein Messer habe? Mit bloßen Händen? Verdammt! Warum habe ich nicht daran gedacht? Vielleicht reicht ja ein spitzer Ast! Oder ich bewerfe das Tier mit Steinen! Was gibt es hier eigentlich für Tiere? <br />
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Ich bin weit in den Wald hineingegangen und hocke mich nun hin, bereit jeder Zeit aufzuspringen. Hoffentlich kommt irgendein Tier vorbei! Anschleichen würde mir nichts bringen, da ich wahrscheinlich viel zu laut bin. Meine Kleidung ist total klamm, weil ich an vielen taunassen Pflanzen vorbeigegangen bin. So warte ich. Lange Zeit. <br />
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Ich habe keine Ahnung, wie lange es schon her ist, dass ich mich hier hin gesetzt habe. Durch das dichte Blätterdach kann ich auch nicht den Stand der Sonne sehen. Plötzlich höre ich ein Knacken im Gebüsch. Ich bleibe ganz still sitzen und lausche. Meine eine Hand umklammert den Ast, während sie andere den Stein festhält. Noch kann ich nicht sehen was da kommt. <br />
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Und auf einmal sehe ich ihn! Es ist ein Hirsch. Er scheint noch recht jung zu sein, denn er hat noch nicht die optimale Größe erreicht. Trotzdem trägt er schon ein beachtliches Geweih auf dem Kopf. Kurze Zeit stocke ich. Fragen schießen durch meinen Kopf: Werde ich dieses riesige Tier erlegen können? Soll ich jetzt aus dem Gebüsch springen, oder noch warten? Aber was, wenn er sich noch weiter entfernt? <br />
Ich bin hin und her gerissen. <br />
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Der Hirsch hebt witternd den Kopf. Er steht nur 3 Meter von mir entfernt. Jetzt oder nie! Ich springe auf und schleudere meinen Ast auf das Tier. Er prallt gegen es, ist aber nicht spitz genug, um eine Wunde zu hinterlassen. Der Hirsch zuckt zusammen und rennt schon weg, als ich den Stein nehme und werfe. Der Stein trifft genau seinen Kopf, er taumelt und stolpert. Ich renne ihm hinterher und habe schon schnell einen weiteren Stein genommen. Ich stürze mich auf das Tier und schlage mit dem Stein zu. Alle meine Gedanken sind ausgeschaltet, ich handle nur noch aus Reflex. Das Tier windet sich unter mir. Es ist viel stärker als ich. Lange werde ich es nicht mehr auf dem Boden halten können. <br />
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Plötzlich taucht ein Schatten neben mir auf. Erschrocken fahre ich zurück. Meine Nerven spielen total verrückt. Plötzlich bewegt der Hirsch sich nicht mehr. Ich starre ihn und die Person, die über ihm kniet an. Es ist Kai! Mit einem sauberen Schnitt seines komischen Messers, hat er dem Hirsch die Kehle durchgeschnitten. Ich starre die beiden an. <br />
„Danke!“, meint Kai. Er bedankt sich bei mir? „Wenn du nicht zusehen willst, wie ich ihn auseinander nehme, geh lieber ein Stück weg! Ich sage dir Bescheid, wenn ich fertig bin, ich kann ihn nicht alleine schleppen!“<br />
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Ich befreie mich aus meiner Starre, nicke und gehe weg. Das hätte ich nicht von Kai erwartet! Dass er sich bei mir bedankt und mir sagt, dass er meine Hilfe braucht! <br />
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Mir wird plötzlich klar, was ich gerade gemacht habe! Ich habe ein Tier getötet! Oder zumindest dabei geholfen! Dabei hätte es doch noch lange leben können! Es war doch noch so jung! Sein ganzes Leben lag noch vor ihm! Gewissensbisse plagen mich. Ich hätte nie gedacht, dass ich ein Tier töten könnte! Tränen laufen meine Wangen hinab. Ich fühle mich so schuldig! Ich fühle mich so dreckig, wie ein Mörder! <br />
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Ich höre Rascheln hinter mir, doch ich achte nicht darauf. Noch immer laufen die Tränen. Ich kann sie einfach nicht zurückhalten. Ich spüre die warme Hand auf meiner Schulter. <br />
„Hey, so ist der Lauf der Natur! Ansonsten verhungern wir! Wer weiß, wie lange wir noch hier bleiben müssen!“ Irgendwie trösten mich die Worte. Sie klingen ein bisschen hilflos. Schnell wische ich mir die Tränen weg und stehe auf: „Ist schon okay!“ Ich lächle Kai an, auch wenn es wahrscheinlich sehr gequält aussieht. Dann wende ich mich dem Tier zu. Man kann nicht mehr viel von einem Tier erkennen. Die Beine und der Kopf sind ab. Genauso, wie der Schwanz. Der Bauch ist mit einem sauberen Schnitt aufgeschlitzt. Als ich nach oben schaue, sehe ich die ersten Raben. Wahrscheinlich machen sie sich an dem Kopf zu schaffen, den Kai mit den Innereien und den Beinen zurückgelassen hat. Bei dem Gedanken daran wird mir schlecht. Schnell hebe ich den Körper hoch und trage ihn mit Kai zum Lager. <br />
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Ich bin so müde, dass ich mich wieder hinlege. Währenddessen kümmert sich Kai um den Körper. Er häutet den Hirsch, trocknet einen Großteil des Fleisches und brät auch einiges auf dem Feuer. <br />
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Obwohl ich immer noch Gewissensbisse habe, esse ich das gegrillte Fleisch. Ich will mich waschen! Ich fühle mich so dreckig. Nini isst auch das Hirschfleisch nicht. Ob sie Vegetarierin ist? <br />
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Wir haben das Lager abgeschlagen und weiter gezogen. Plötzlich hält Kai an: „So, da vorne ist ein See! Wir bleiben hier und ihr könnt euch dort waschen, baden, eure Kleidung waschen, oder sonstiges! Sagt uns, wenn ihr fertig seid, dann gehen wir!“, meint Kai und sieht Nini und mich an. Wir schauen uns erstaunt und freudig zugleich an. Ein See? Endlich können wir uns mal waschen! <br />
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Ich springe, immer noch angezogen, in den See. Er ist total kalt, aber da es Sommer ist, macht mir das nichts aus! Denn außerhalb des Wassers kann man es gar nicht