Die Dunkelheit

Die Dunkelheit

Der letzte Sonnenstrahl verschwindet und langsam komme ich. Du merkst es nicht, du bist beschäftig und versuchst nicht daran zu denken, was du das letzte Mal in meiner Tiefe sahst.
Doch dann siehst du plötzlich, dass ich mich verdunkelt habe, dass ich schon alle Ecken besetzt habe. Du hörst erstickende Stille und dann, nicht mehr in der Lage, diese zu ertragen, fliehst du in das Wohnzimmer und machst laute Musik an. Ja, du fürchtest mich, fürchtest meinen Schweigen, deshalb bekämpfst du mich mit allen Mitteln. Gut, ich ziehe mich für eine Weile zurück.
Heute bist du allein – deine Eltern und deine Schwester sind vor ein paar Tage verrereist, aber du bliebst Zuhause.
Irgendwann bist du müde und kannst lauten Krach nicht mehr ertragen. Du gehst auf dein Zimmer und beleuchtest deinen Weg mit Lampen, um mich vor dir fernzuhalten. Doch ich habe viel Geduld.
Du kommst in dein Zimmer und machst zügig das große Licht an. Egal, was du danach machst, in deinen Bewegungen sehe ich, dass du das Ganze so weit wie möglich zu dehnen suchst. Du bist kein kleines Kind mehr, doch ich jage dir nicht weniger Angst ein, als du dies warst. Um einzuschlafen, hörst du ruhige Songs , da du dir „Stimmen“ einbilden willst. Was sagst du da? Deine Träume lassen mich nicht an dich ran? Lächerlich! Und das weißt du auch. Ich zeige dir deine Träume, ich zeige mich dir in aller meiner Pracht.
Dein MP3- Player braucht eine Ersatzbattarie? Oh, wie schlimm – diese liegt ganz unten in einem dunklen Flur.
Wie lang kann manchmal eine Nacht, die von Angst und Todesstille, die seltsame Geräusche gebärt, sein? Und wenn du dann glaubst, dass ich dich angefasst habe oder dicht an deinem Ohr atme, nimmst du all deinen Mut zusammen und machst nach einigen ewigen Sekunden das Licht an, dann siehst du gar nichts. Ich lache mich tot, weil du schon so viele Male mich so zu fangen versucht hast. Aber du hast nichts zu lachen, denn wenn du glaubst, mich endlich erwischt zu haben, endlich den Beweis für meine Existenz gefunden zu haben, spielt deine Fantasie mit dir verrückt, und du hast Angst, ein Monster oder einen Dämon zu sehen.
Es vergeht eine Ewigkeit, bis du vor erlösender Erschöpfung einschläfst, denn du hast die ganze Zeit ganz genau zugehört, ob ich mich nicht bewege, ob ich zu dir nicht durch die Treppe steige oder ob ich mich nicht aus dem Spiegel herauskrieche. Du bist im Angst eingeschlafen. Aber meine Macht steht immer noch über dir. Ich zeige dir deinen Traum, den du so sehr fürchtest.
Du läufst durch die Finsternis, da du ein kleines Flammchen suchst, das dich von mir entfernt . Tausende Sterne am Himmel bringen kein Licht, sie stechen sogar, wie die Nägel. Doch plötzlich hältst du vor einem Meer. Nicht das Gewässer überrascht dich, du siehst dort einen Silhouette und du weißt, dass ich das bin. Ich drehe mich zu dir um, während du versuchst nicht in mein Gesicht zu gucken.
Ein zufälliger Blick genügt. Ich bin kein Monster, ich bin kein Dämon. Du siehst genauer…
Ich bin du. Ich bin ein Teil von dir. Du solltest mich nicht fürchten, du solltest mich akzeptieren..
Ab jetzt wirst du die Finsternis nicht fürchten, du wirst in ihr einen Freund sehen.